Maximaler Eigensinn: „Der unendliche Gipfel“ von Toine Heijman
Aus Liebe zum Berg // In der Reihe „Durch!“ schreibt die Schriftstellerin Sofie Lichtenstein Kurzrezensionen zu Büchern, mit denen sie durch ist.
Vor rund einem Jahrzehnt – oder vielleicht ist es noch länger her – habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, zu jedem Buch, das ich gelesen habe, eine kleine Besprechung zu schreiben. Sie dient mir vor allem als Erinnerungshilfe, aber auch als Mittel, mir bewusst zu machen, was ich gelesen habe.
Ich lese Bücher als Autorin und Privatperson, nicht als Feuilletonistin. Meine Kurzrezensionen, wie ich sie unbeholfen nenne, sind daher bloß ungeordnete Gedanken, die ich vor allem für meine Instagram-Follower aufschreibe. Hier auf vliestext finden sie nun auch ein Publikum.
Zuweilen fühlt sich dieser Akt des Nachdenkens und Schreibens wie eine Pflicht an, mit der ich einfach nur „durch“ sein möchte. Zum Glück aber nur zuweilen.
Alle Beiträge der Reihe „Durch!“ finden sich hier.
#3 Toine Heijman: Der unendliche Gipfel
Ein Buch über das Bergsteigen und über eine Freundschaft zwischen zwei Männern, die eine Obsession teilen. Man könnte annehmen, das läuft auf viel Pathos, viel Heldentum, viel virilen Abenteuerkitsch, sprich: nichts Gutes hinaus. Tatsächlich aber ist es Heijman gelungen, eine feinfühlige und poetische Geschichte über die Faszination für die Berge und dem Sich-Aussetzen in der Natur zu schreiben, ohne in eine Falle zu tappen.
Ausgangspunkt der Geschichte ist der letzte Achttausender (in der Geschichte nicht weiter benannt, allerdings klar erkennbar als der Cho Oyu), den der alternde und erkrankte Ich-Erzähler Walter besteigen möchte. In Rückblenden lässt er seine Anfänge als Kletterer Revue passieren sowie schwierige Touren, die er mit seinem Freund Lenny bestritten hat, und reflektiert nicht nur seine eigene Existenz als Extrembergsteiger, sondern auch die Kommerzialisierung von Besteigungen an den höchsten Gipfeln der Welt.
Streben ins Unbedingte
Verwoben werden die Abenteuer Walters immer wieder mit denen großer Alpinist*innen, die sich, wie der Erzähler selbst, kompromisslos und mit maximalem Eigensinn in die Erfahrung des Bergsteigens begeben haben. So ist das Buch nicht nur eine literarische Auseinandersetzung mit Alpinismus und dem Streben ins Unbedingte, sondern auch eine kleine Einführung über die Geschichte des Bergsteigens. Ein fantastischer Roman, insbesondere für diejenigen, die wie ich Berge lieben. ◆
Toine Heijman: Der unendliche Gipfel (aus dem Niederländischen von Ruth Löbner), mairisch Verlag, Hamburg, 2023.
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Zur Autorin
Sofie Lichtenstein (sie/ihr) ist Schriftstellerin, Lektorin und Herausgeberin. 2023 erschien ihr Buch Bügeln – Protokolle über geschlechtliche Handlungen. Alle Beiträge ihrer Reihe „Durch!“ finden sich hier.
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